Jahrbuch für Kommunikationsgeschichte 21 (2019)

Titel der Ausgabe 
Jahrbuch für Kommunikationsgeschichte 21 (2019)
Weiterer Titel 

Erschienen
Stuttgart 2019: Franz Steiner Verlag
Erscheint 
Jährlich 1 Band
ISBN
978-3-515-12538-3

 

Kontakt

Institution
Jahrbuch für Kommunikationsgeschichte
Land
Deutschland
c/o
Redaktion: Wilbert Ubbens Mendestr. 25 D-28359 Bremen E-Mail: <ubbens@arcor.de> Redaktion Buchrezensionen: Jun.-Prof. Dr. Daniel Bellingradt Universität Erlangen-Nürnberg Institut für Buchwissenschaft Katholischer Kirchenplatz 9 D – 91054 Erlangen E-Mail: <daniel.bellingradt@fau.de>
Von
Daniel Bellingradt

Die Kommunikationsgeschichte hat in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen: als Thema und als erkenntnisleitende Perspektive, für die Geistes- und Sozialwissenschaften im Allgemeinen wie für die Geschichtsschreibung im Besonderen. Wir unterstellen, dass die Einsicht weiter wachsen wird, welche Bedeutung der Medien- und Kommunikationsgeschichte für unterschiedlichste Forschungsfelder zukommt. Kommunikationsgeschichte, wie wir sie verstehen, fragt nach der Bedeutung der Medien für Menschen und Gesellschaft, nach kommunikativen Wirkungen und nach Entstehung und Strukturwandel von Öffentlichkeit.

Der Kommunikationsgeschichte liegt ein breiter Medienbegriff zugrunde; er schließt die öffentliche Rede ebenso ein wie den Brief, das Denkmal, die Flugpublizistik und Buch, Zeitung und Zeitschriften, Kino und Rundfunk und – nicht zuletzt – die internet-basierten Medien. Kommunikationsgeschichte untersucht neben den Massenmedien auch andere Öffentlichkeiten: Als Beispiele seien Versammlungen und Demonstrationen, die kommunikative Praxis auf Straßen und Plätzen sowie die Rezeption von Anschlägen an Kirchentüren, Toren und Mauern genannt. Kommunikationsgeschichte analysiert historische Kommunikationssituationen, sie untersucht Medienverbünde und bezieht systematisch Kommunikatoren und ihr Publikum ein.

Daher versteht sich das Jahrbuch für Kommunikationsgeschichte als interdisziplinäres Forum für die Geschichts-, Kultur-, Medien-, Kommunikations- und verwandte Wissenschaften. Es stellt kommunikationshistorische Forschungsergebnisse und Forschungsprojekte der breiteren wie der Fachöffentlichkeit vor. Es dient zugleich als ein Ort für Forschungsdebatten und die Diskussion historiografischer Perspektiven.

Das JbKG erscheint seit 1999. Sein konzeptioneller Aufbau folgt einem vierteiligen Gliederungsprinzip. Der erste Teil ist Aufsätzen vorbehalten. Bevorzugt werden dabei quellennahe, kommunikationshistorische Forschungen, die in ihren Fragestellungen sowohl an den Problemen der Vergangenheit als auch an den Interessen der Gegenwart orientiert sind. Die Miszellen, der zweite Teil, bieten aktuelle Forschungsberichte über die Erschließung, Einordnung und Bewertung wichtiger kommunikationshistorischer Quellenbestände. Eine möglichst breite Information über kommunikationshistorische Publikationen liefert das Jahrbuch in seinem dritten und vierten Teil: Der ausführliche Rezensionsteil enthält kurze prägnante Besprechungen wichtiger Monographien, Sammlungen und Editionen. Die von Wilbert Ubbens (Bremen) bearbeitete Bibliographie der Aufsatzliteratur wertet mehr als 800 internationale Zeitschriften und Jahrbücher aus zahlreichen relevanten Disziplinen aus und konkretisiert nahezu alle Nachweise durch kurze inhaltliche Annotationen. Ein Register erschließt die wichtigen Sachen und Personen, die im Textteil der Aufsätze und Miszellen Erwähnung finden.

Die eingereichten Artikel werden anonym von zwei Berichterstatterinnen bzw. Berichterstattern begutachtet. Die Herausgeber entscheiden abschließend über die Annahme der Artikel.

In recent years, communication history has experienced growing importance: It has become both a significant discipline and a central perspective for historical research. Thus, from our point of view, communication history is important for social sciences in general and historiography in particular: Communication history focuses on the relationship between the media, individuals and society, identifies the effects of communication, and scrutinizes the formation of and changes in public spheres, public life, and public spaces.

The discipline itself is based on a broad understanding of the term »media«, including but not limited to public speeches, letters, monuments, pamphlets and broadsides, books, newspapers, magazines, cinema, radio and - last but not least - online media. It is not confined to mass media but analyses a broad range of media manifestations, such as rituals, public gatherings and demonstrations, street corner orations and the reception of bills posted on church doors, gates and walls.

Since its establishment in 1999, the Jahrbuch für Kommunikationsgeschichte (Yearbook for Communication History) is an interdisciplinary forum for scholars interested in the history of culture, media, communication and many related fields. With its presentation of new results and recent findings of historical research on the public sphere and on the history of communication the yearbook aims at both the broader public and the scientific community. Furthermore, the yearbook serves as a forum for all kinds of methodological, theoretical and empirical discussions on the historiography of communication.

The yearbook offers four main sections. The first section, Essays, publishes recent research on the history of communication; the research concentrates on primary sources and focuses on both the problems of the past and the interests of the present. The second, Miscellania, reports on the latest research on the publication, classification and evaluation of important archival sources. The yearbook provides a broad overview of publications in communication history in its third and fourth sections. In the third section, Reviews, important monographs, compilations and editions are comprehensively and incisively discussed by distinguished experts. The fourth section, Bibliography, is edited by Wilbert Ubbens (Bremen); he lists references in the literature from more than 800 international journals and yearbooks in numerous relevant disciplines and catalogs; the references are provided with short annotations. An index to subjects and an index to persons offer cross-references to the corresponding passages in the sections Essays and Miscellania.

Submitted articles are anonymously assessed by two reviewers. The final decision on the acceptance of articles is reached by the editors.

Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis

FORUM KOMMUNIKATIONSGESCHICHTE
Das ›Jahrbuch für Kommunikationsgeschichte‹ widmet sich seit nunmehr 20 Jahren der Vielfalt an möglichen Zugängen und interdisziplinären Perspektiven zu historischer Kommunikation. Die anhaltenden Fragen zu Konturen, Werkzeugen und Denkmustern kommunikationshistorischer Erkenntnisinteressen geben uns Anlass, ein Beitrags-Forum zu begründen, dessen Grundfrage »Was ist Kommunikationsgeschichte« in den nächsten Jahren aus unterschiedlichen Forschungsrichtungen und aus dem Blick auf verschiedene Epochen erörtert werden soll. Die bewusst kurz gehaltenen und mit wenigen Anmerkungen versehenen Beiträge dieses Forums sollen fragende, einordnende und anregende Impulse geben, um »Kommunikationsgeschichte« innerhalb historisch arbeitender Disziplinen konzeptionell zu schärfen. In diesem Sinne werden die einzelnen Beitragenden das eigene (fachliche) Verständnis von Kommunikationsgeschichte vorstellen, begründen sowie Potentiale und Grenzen der eigenen Ansätze erörtern.

James Raven (Colchester):
"Sensing Books. Communication By More Than Sight and Sound"
OPEN ACCESS: http://www.steiner-verlag.de/uploads/tx_crondavtitel/datei-datei/9783515125383_p.pdf

Erik Koenen / Simon Sax (Bremen):
"Biographien in der Kommunikationsgeschichte. Ein Plädoyer für einen unterschätzten Weg historisch-systematischer Kommunikationswissenschaft"

Josef Seethaler (Wien):
"Medien und sozialer Wandel. Ein Plädoyer für eine Re-Integration der Kommunikationsgeschichte in eine sozialwissenschaftlich orientierte Kommunikationswissenschaft"

AUFSÄTZE
Kilian Spiethoff (Bad Reichenhall):
"Zur Entstehungsgeschichte der politischen Zeitschrift. Georg Spindlers chronikalisches Flugschriftenpaar »Der Hinckende Both«/»Der Post Reuter« (1589/90)"
Die Entwicklung der politischen Zeitschrift Ende des 17. Jahrhunderts bedeutete einen Meilenstein auf dem Weg zur Herausbildung einer freien und aufgeklärten Öffentlichkeit in Europa. Die Forschung führt die Entstehung dieses neuen Mediums gegenwärtig vor allem auf die langjährige Informations- und Bildungsarbeit der periodischen Zeitungspresse zurück. Der vorliegende Aufsatz weist anhand der Betrachtung von Serialisierungstendenzen in der Flugschriftenpublizistik des späten 16. und frühen 17. Jahrhunderts jedoch nach, dass ein Grundbedürfnis nach der fortlaufenden räsonierenden Betrachtung politischer Prozesse bereits wesentlich früher unter dem Eindruck der Spannungen und Konflikte des konfessionellen Zeitalters entstand. Das Flugschriftenpaar »Der Hinckende Both«/»Der Post Reuter« (1589/90) des Söldners Georg Spindler und dreier Mitwirkender diente als Vorbild für zahlreiche Flugschriftenserien des 17. Jahrhunderts. Der Nürnberger Drucker Wolff Eberhard Felsecker nahm auf diese Gattungstraditionen Bezug, als er 1674 die erste deutsche politische Zeitschrift ins Leben rief.
One of the most important steps towards the creation of a free and enlightened European public sphere in the late 17th century was the development of the periodical political magazine. Current research views this media type mainly as a spin-off product of the early modern newspaper press. However, the proliferation of political serial pamphlets during the 16th and 17th centuries shows that a general social interest in the continuous public observation and discussion of political processes emerged much earlier under the impact of the long-lasting tensions and conflicts of the confessional age. The double pamphlet »Der Hinckende Both«/»Der Post Reuter« (1589/90) by the Magdeburg mercenary Georg Spindler and three contributors served as a prototype for many German pamphlet series of the early modern era. In the long run, the narrative forms of news presentation advanced by these serial publications were adapted and perfected by Nuremberg publisher Wolff Eberhard Felsecker when he launched the first German political magazine in 1674.

Doris Gruber (Wien):
"Text, Bild und Intermaterialität. Die frühneuzeitliche Kometenpublizistik im Heiligen Römischen Reich"
Der Aufsatz ist ein Plädoyer für die stärkere Beachtung bildlicher Elemente in der frühneuzeitlichen Druckpublizistik und insbesondere in Flugschriften. Ausgehend von einem systematisch erhobenen Korpus von über 500 Drucken zu drei frühneuzeitlichen Kometenerscheinungen (1577/78, 1680/81 und 1743/44) werden piktoriale Elemente und ihr Verhältnis zum zugehörigen Text untersucht. Bei der exemplarischen Analyse des Bildmotivs »Kometenlandschaft« wird deutlich, dass nicht nur der Anteil an Bildlichkeit, sondern auch die Bildmotive und ihre Platzierung in den Drucken tendenziell variierten, je nachdem in welcher Publikationsform (Flugblatt, Flugschrift, Buch, Kalenderpublikation, Messrelation oder Zeitschriftenartikel) sie eingesetzt wur- den, mit welchen textuell tradierten Wissensbeständen sie einhergingen und welches Publikum damit erreicht werden sollte und konnte.
The essay argues that research needs to pay greater attention to pictorial elements in early modern prints, especially concerning »pamphlets«. Based on a systematically col- lected corpus of more than 500 prints connected to three early modern cometary appearances (1577/78, 1680/81 and 1743/44) pictorial elements and their relation to the accompanying texts are examined. The exemplary analysis of the motif of the »cometary landscape« shows that not only the proportion of imagery, but also the image motifs and their placement in the prints tended to vary, depending on the form of publication – broadsheet, pamphlet, book, calendar publication, »Messrelation« (a periodical connected to book fairs) or journal article – and their materiality, which textual knowledge stocks they went along with and which audience should and could be reached with it.

Rudolf Stöber (Bamberg):
"Von der »Preßfrechheit« zur »Lügenpresse«. Wechselnde Wertschätzung der Pressefreiheit in den letzten 200 Jahren"
Der Beitrag zeichnet die Entwicklung des prekären Guts Pressefreiheit im Deutschland der letzten zwei Jahrhunderte nach. Pressefreiheit war und ist prekär, da sie 1. Geld kostet: den Medienunternehmen, aber auch dem Publikum; 2., da sie nicht nur ein Ab- wehrrecht gegen den Staat, sondern in ihrer Gesamtheit ein schützenswertes Institut ist; 3., da sie eines günstigen gesellschaftlich-politischen Umfelds bedarf. Presse und Pressefreiheit wurde mal mehr, mal weniger geschätzt. Der alte Ausdruck »Preßfrechheit« wie das neuere Wort »Lügenpresse« sind Ausdruck der Missachtung, die Wertschätzung freier Medien hingegen war insbesondere in der Revolution von 1848 und nach 1945/49 groß. Das prekäre Gut Pressefreiheit sollte gestärkt werden, denn wenn die Feinde der freien Gesellschaft erst einmal ihr Regime errichtet haben, ist es zu spät. Die letzten 200 Jahre gaben mehr als einmal die Probe aufs Exempel.
The manuscript describes the history of the freedom of the press in Germany during the last two centuries. Media freedom is in jeopardy: free media needs economic sup- port; freedom of the press depends on a complex institutional guaranty; media free- dom needs encouragement of a free and willing society. Old vocabulary as »Preßfrech- heit« (impertinent press) or new as »Lügenpresse« (lying press) indicate small respect concerning the freedom of the press; the revolution of 1848 and the decades after National Socialism showed great respect for the press. We have to maintain the freedom of the press, now. When the foes of a free society do prevail, it will be too late. Unfortunately, the last two centuries proved that more than once.

MISZELLE

Holger Böning (Bremen):
"Gab es im Dreißigjährigen Krieg eine Öffentlichkeit des Kriegsgeschehens? Gedanken zu einigen Neuerscheinungen 400 Jahre nach Beginn des großen Krieges."

BUCHBESPRECHUNGEN / REVIEWS:

Im Besprechungsteil werden 84 Neuerscheinungen zur Kommunikationsgeschichte rezensiert. The reviews section features 84 reviews.

BIBLIOGRAFIE (Wilbert Ubbens, Bremen)
Die Bibliographie verzeichnet mehr als 2000 kommunikationshistorische Aufsätze aus internationalen Zeitschriften. The bibliography on new literature comprises of about 2000 entries.

Weitere Hefte ⇓